Selinunte

Der heutige Tag steht ganz im Zeichen von Kultur und Geschichte. Wir brechen recht früh unsere Zelte auf dem Mafioso-Campingplatz ab und machen uns auf den Weg zu den Tempeln von Selinunte. Profano, wörtlich „vor dem Tempel“, staunen wir nicht schlecht: Der ganze Parkplatz ist satt gefüllt mit Autos mit italienischen Kennzeichen, für uns besteht nach kurzer fußläufiger Inaugenscheinnahme keine Möglichkeit des Parkens, hierzu müssen wir eine ganze Ecke weiter weg fahren. Schnell klärt sich die Ursache des Besucheranstroms: Heute ist italienischer Nationalfeiertag, und die Italiener haben frei.

Günstig für uns, wie wir an der Kasse feststellen: Am Nationalfeiertag ist der Eintritt zu den Grabungsstätten frei! Wir nutzen das gesparte Geld, um – entgegen unserer üblichen Vorgehensweise – Tickets für den Shuttlebus zu kaufen, der uns (und vor allem Nele) auf dem weitläufigen Gelände ein wenig Fußweg ersparen soll. Gleich am Eingang werden wir vom Tempel E begrüßt, der über der ganzen Anlage thront. Er ist, wie alle anderen Tempel auch, in der Geschichte durch Erdbeben zerstört worden, wurde aber teilweise wiederaufgebaut. Seine Rekonstruktion entspricht heute nicht mehr dem Stand der Wissenschaft, aber solche Feinheiten fallen uns Laien natürlich nicht auf. Zusammen mit einigen anderen (aber nicht: vielen) Besuchern spazieren wir durch die Tempel, wobei die hinter Tempel E gelegenen Geröllfelder weniger imposant sind als die Rekonstruktion. Auch ein kleines Museum mit vor Ort gefundenen Exponaten besuchen wir, bevor wir uns mit dem Shuttle, der in Wahrheit kein Bus, sondern ein Golf-Cart ist, zur Akropolis fahren lassen.

Diese weist vier Tempel auf, die ebenfalls im Wesentlichen dem Erdboden gleich gemacht sind. Die Stufen, die zu den Tempeln hinaufführen sind aber noch gut erhalten, und es gibt keinerlei Verbote, auf den Steinen herumzuklettern – was viele andere Touristen und auch Nele dazu verleitet, aus den alten Steinen einen kleinen Abenteuerspielplatz zu machen. Als Vater freue ich mich für mein Kind, als Lehrer bin skeptisch, ob das ein angemessener und vor allem: die Relikte schonender Umgang ist…

Die dritte und zugleich letzte Station, zu der uns das Shuttle-Cart bringt, ist ein Demeter-Heiligtum mit nebenliegender Nekropole am westlichen Ende des Ausgrabungsfeldes. Hier sind wir schon fast allein und ungestört von anderen Besuchern, und wir können uns über die schöne Landschaft mit unzähligen üppig blühenden Blumen freuen. Um Gartenpflege scheint sich in Selinunte kaum jemand zu kümmern; Es drängt sich der Verdacht auf, dass die Ausgrabungsstätten in Bälde erneut ausgegraben werden müssen…

Nach knapp fünf Stunden verlassen wir die Tempelanlagen und fahren zu unserem Ziel für die Nacht, einem Campingplatz am Capo Bianco, einer Klippe aus Kreide. Der Campingplatz ist, wie wir mit hochgezogegen Augenbrauen zur Kenntnis nehmen, der mit abstand teuerste auf unserer ganzen bisherigen Reise, ohne im Gegenzug signifikant mehr zu bieten als die anderen Plätze – abgesehen natürlich von einer atemberaubenden Kulisse – und die lassen sich die Betreiber eben bezahlen.

Wir bleiben trotzdem gleich zwei Nächte hier, nach so viel Sightseeing und Kultur in den letzten Tagen haben die Kinder (und wir auch) auch einfach einmal einen Tag am Strand verdient…

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