Der Campingplatz am Capo Bianco hat neben seiner Eigenschaft, der teuerste von allen zu sein, keine weiteren Reize – insgesamt ist die Stimmung auch eher frostig. Man kann das nicht genau erklären, aber allein das Verhalten der Mitarbeiter, die die Gespräche beenden, wenn man den Minimarkt betritt, lässt ein unangenehmes Gefühl zurück – auch, wenn natürlich nicht ich der Grund für die schlechte Stimmung bin. Irgendwas ist bei den Betreibern im Busch, da bin ich mir sicher. Kurz: Es ist keine schöne Stimmung, und wir verlassen das Capo Bianco.
Wir passieren die Scala dei Turchi, die Türkentreppe: Eine Mergelformation, die in strahlendem Schneeweiß in das türkisfarbene Meer fällt und die ihren Namen von sarazenischen Piraten, damals einfach Türken genannt, hat, die dort ihre Boote festgemacht hatten. Auch das Valle dei Templi bei Agrigent lassen wir links liegen. Das ist zwar im Angesicht des Welterbestatus eigentlich ein Frevel, aber haben wir gerade schon Selinunte besucht und auch noch eine Menge alter Steine vor uns. Wir wollen es also nicht übertreiben.
Die nächste mehrtätgige Pause machen wir an einem Badeort in der Nähe der Barockstadt Ragusa, in Punta Braccetto. Das Hinterland hier sieht fürchterlich aus: Viele Quadratkilometer unter Folie, die ganze Gegend ist ein einziges Gewächshaus. Durch Spalten in der Folie versuchen wir beim Vorbeifahren zu erraten, welche Pflanzen sich jeweils im Gewächshaus befinden. Meist handelt es sich um Zucchini, Tomaten, Paprika und Auberginen, oft wachsen auf kleineren Beeten davor auch Artischocken. Das Hinterland interessiert uns im Moment aber sowieso nicht so richtig, denn das Wetter hat sich auf badetaugliche Temperaturen eingepegelt, und wir parken unser Wohnmobil auf einem Campingplatz direkt am Wasser. Dieser Platz ist uns sofort wesentlich sympathischer als der letzte, so dass wir kein Problem damit haben, uns einfach einmal zwei Tage am Strand auszuruhen. Da die Versorgungslage im Hinterland nicht ganz einfach ist, kommen einfach jeden Morgen kleine Verkaufsfahrzeuge auf den Campingplazu und bieten Backwaren, Meeresfrüchte und Obst und Gemüse feil. So steht einem entspannten Aufenthalt nichts im Wege.
Nach zwei Tagen Strand beschließen wir, der nahegelegenen Provinzstadt Ragusa einen Besuch abzustatten. Diese Stadt ist als Teil des Städteensembles Val de Noto für ihre Barocken Bauten bekannt. Im 15. Jahrhundert hatte der damalige Herrscher, Graf Cabrera, ein Erbpachtsystem eingerichtet, das viele Bauern reich gemacht hatte. Im Jahre 1693 wurde die gesamte dann Region durch ein großes Erdbeben dem Erdboden gleich gemacht und anschließend stritten sich Adel und Bauern um den Wiederaufbau. Man konnte sich nicht einigen, und so wurden einfach zwei Städte neu errichtet. Die Adligen zogen einen Hügel weiter und gründeten die heutige Stadt Ragusa, die Bauern errichteten das heutige Ragusa Ibla auf den Trümmern der alten Stadt.
Wir besuchen die Bauern-Seite, die besonders durch ihre ostwärts gelegenen Gärten und den eindrucksvollen Dom besticht. Eine ansprechende Tour führt uns durch die verwinkelten Gässchen und über steile Stiegen bis zu den Gärten, in denen gerade mit Barockmusik für eine Musikaufführung die Lautsprecher eingepegelt werden. Und da uns kurz später noch eine Prozession von in Reifröcken kostümierten Damen an der Seite von Herren in Ausgehuniformen entgegen kommen, fühlen wir uns fast ein bißchen in die Zeit von Bach und Händel zurück versetzt.
Die Nacht verbringen wir erneut auf unserem liebgewonnenen Campingplatz am Punta Braccetto. Inzwischen bin ich auch schon ganz gut darin geworden, auf unserem kleinen Weber Go-Anywhere-Urlaubsgrill ein schnelles Abendessen für alle zuzubereiten, und so lassen wir den Abend ausklingen.
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