Unser Stellplatz liegt nur wenige Kilometer vom historischen Zentrum von Mazara del Vallo entfernt. Die Stadt wurde von den Phöniziern gegründet und war ein wichtiger Handelsposten im Mittelmeer. Im 9. Jahrhundert wurde die Stadt von den Arabern, später dann von den Normannen erobert, die ihr eine neue kulturelle und architektonische Identität gaben. Während der Renaissance erlebte Mazara del Vallo neuen Aufschwung und wurde ein wichtiger Kulturschauplatz, der von Künstlern, Schriftstellern und Gelehrten besucht wurde. Im 19. Jahrhundert wurde die Stadt dann von den Bourbonen regiert und erlebte einen weiteren kulturellen und wirtschaftlichen Aufschwung.
Uns begrüßt die Altstadt zuerst aber mit einem schmutzigen Binnenhafen, in dem wir Nele endlich an plakativen Beispielen den Begriff Seelenverkäufer erklären können… A propos Seelenverkäufer! Wer erinnert sich an meine Gedanken zum Thema „Fähre nach Ko Samui“? Als ich beschrieb, dass ich einen Untergang für unmittelbar bevorstehend hieit? Nun war es so weit, ich weiß aber nicht, ob es genau unsere war. Fährlinie und Pier stimmen auf jeden Fall…

Aber zurück nach Sizilien. Wir parken unser Wohnmobil im Hafen und machen uns zu Fuß auf den Weg in die Altstadt. Die ist, so zumindest hatte der Stellplatzbetreiber angekündigt, ein wahres Juwel der sizilianischen Architektur und Geschichte. Die engen Gassen und alten Gebäude erzählen von der reichen, bis in die Antike zurückreichenden Vergangenheit. Die Häuser sind alle aus Stein gebaut und in warmen Farben gestrichen, was ein sehr malerisches Bild ergibt. Die Straßen sind mit Kopfsteinpflaster bedeckt und gesäumt von kleinen Geschäften und Cafés, die wieder typisch sizilianische Produkte und Spezialitäten verkaufen. Besonders auffällig sind die unzähligen Wandgemälde, Mosaike und bemalten Fliesen, die an jeder Straßenecke an den Hauswänden hängen. Durch die Altstadt führt ein gut ausgeschilderter Rundweg, der uns in etwa drei Stunden an allen sehenswerten touristischen Highlights vorbeiführt.
Zwischendurch erstehen wir noch eine italienische Touristen-SIM-Karte, weil die Camping- und Stellplätze hier im Süden Siiziliens noch nichts von flächendeckendem WLAN gehört zu haben scheinen. Und ganz ehrlich: Auch, wenn wir Reiseführer in klassischer, gedruckter Buchform dabeihaben: Ohne einen vernünftigen Internetzugang würde die Reise sicherlich ganz anders verlaufen – und ich denke nicht, dass alles besser wäre. Kurz: Wir zahlen für die Touristen-SIM 15€ für 50GB im 4G-Netz, das schlägt selbst unsere „Roam-Like-At-Home“-EU-Verträge von zu Hause um Längen. Leider gibt’s auch hier eine Fallgrube: 10€ Einmalkosten für den Kauf der SIM-Karte. Aber ich denke, dass wir im Sommer in Kroatien auch diese Karte nutzen können müssten, EU-Roaming sei dank.
Nach dem vergnüglichen Altstadtbummel führt uns die Reise weiter in Richtung unseres nächsten Ziels, nämlich Selinunte, einer Ausgrabungsstätte mit mehreren gut erhaltenen Tempeln aus Griechischer Besiedlungszeit. Für heute nehmen wir uns aber noch nicht die Tempel selbst vor, dafür möchten wir uns mehr Zeit lassen, sondern bestaunen zunächst die Cave die Cuso, den Steinbruch, in dem die Säulen und Steine für die Tempel geschlagen worden sind. Cave die Cuso ist insofern berühmt, als dass er bis zum 4. Jahrhundert v. Chr. aktiv genutzt und ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Region war. Während der punischen Kriege zwischen Rom und Karthago wurde Selinunte im Jahr 250 v. Chr. zerstört und die Cave di Cusa wurde aufgegeben. Im Wesentlichen kamen die Katharger am Strand an, jeder Steinmetz in Cave die Cusa ließ seinen Meißel fallen und rannte weg – der Steinbruch geriet in Vergessenheit und wurde erst im 19. Jahrhundert wiederentdeckt. Man kann insbesondere die unterschiedlichen Stadien der Herstellung der Tempelsäulen hervorragend erkennen.
Wir übernachten auf einem etwas in die Jahre gekommenen Campingplatz, der zusammen mit seinem Betreiber so richtig das Klischee von Italien in den 1970er Jahren erfüllt. Der etwas zu dicke Mann, der sich auf seinem steilen Platz nur mit einem Golfmobil fortbewegen kann, spricht nur italienisch (oder will nichts anderes sprechen), und bezahlt wird ausschließlich in contanti – bar. Nix Karte, nix Quittung…
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