Saigon

Nach all der Kriegsgeschichte der letzten Tage geht es in der verbleibenden Zeit in „HCMC“, wie Ho-Chi-Minh-Stadt gerne abgekürzt wird, deutlich friedlicher zu. Für das Frühstück haben wir inzwischen eine ganz brauchbare Routine entwickelt: Im Erdgeschoss unseres Hauses gibt es neben den typischen kleinen Minimärkten auch einen Laden, der Bánh Mì verkauft – belegte Brötchen. Der Einfluss der französischen Kolonialherren hat hier sämtliche Zeiten überdauert, und so kommt Bánh Mì dem deutschen Weizenbrötchen oder einem kleinen französischen Baguette wohl so nahe wie kaum etwas anderes in Südostasien. Das macht uns das Frühstück natürlich angenehm – nur schauen die Verkäufer immer etwas irritiert, wenn ich acht einfache Brötchen ohne Belag bestelle. Klassischerweise würde man hier bereits am Morgen etwas Warmes essen, sei es als Belag oder gleich in Form einer Nudelsuppe. Ich beginne den Tag damit, einmal kurz in das Landmark 81-Hochhaus zu gehen, um einen Blick vom Café im 75. Stock zu werfen. Der Eintritt für die Besucherplattform fünf Stockwerke weiter oben soll 20€ betragen, und das ist mir für so etwas einfach zu teuer. Das Café zu erreichen ist nicht ganz einfach, muss ich doch zuerst über eine Hochhaus-Lobby in ein Hotel im 48. Stock fahren (natürlich nicht ohne Registrierung!). In der Hotellobby wiederum muss ich einen Pagen bequatschen, mir den Aufzug für das Café freizuschalten. Das tut der Livrierte auch, aber natürlich nur nach Check meiner vorherigen Registrierung – hier geht nichts „auf eigene Faust“. Oben angekommen bestelle ich den billigsten Kaffee der Karte, immerhin wollte ich Geld sparen. Für den verlängerten Espresso, Americano genannt, werden dann auch hier 7,50€ aufgerufen – man zahlt natürlich für den Ausblick mit.

Um auch mal wieder etwas für die Kinder zu machen, verbringen wir den Vormittag im botanischen Garten unweit unseres Appartements – der sich in Wirklichkeit als vollwertiger Zoo entpuppt, mit allen typischen Zootieren von Giraffen über Nashörner bis hin zu asiatischen Elefanten. Besonders die Wasserschweine haben es den Kindern angetan, bietet sich hier doch die Möglichkeit, die wohl friedfertigsten Tiere der Welt hautnah zu erleben, indem man sie füttert! Auch für die Languren hat sich der Zoo etwas einfallen lassen: diesen steht zwar ein altes Gehege als Rückzugsort zur Verfügung, dies ist aber nicht überall verschlossen, so dass die Affen sich nach Belieben selbst auf dem Zoogelände verteilen und nur bei bestehendem Ruhebedürfnis zurück ins Gehege zu kommen. So bieten sich uns gleich wieder mehrere niedliche Fotogelegenheiten, weil einige der Tiere Junge mit sich herumtragen. Getrübt wird der Besuch lediglich durch die drückende Hitze, die uns selbst nach fast zwei Monaten in Äquatornähe noch immer ordentlich zusetzt.

Wesentlich angenehmer und entspannter ist da der Besuch im Katzencafé „Meo Meo“. Die Räume sind klimatisiert, und auch das Konzept verspricht Erholung: Für einen einmaligen Eintritt kann man sich im zweiten Stock mit Snacks und Getränken versorgen, bevor man im dritten Stock die dort lebenden Stubentiger verwöhnt. Rund 18 Katzen haben hier ihr Zuhause, und Ian und Nele genießen es sehr, mit ihnen zu spielen – so sehr, dass sie gleich am nächsten Tag noch einmal hingehen, während ich mich allein zu einer letzten Stadtbummelrunde aufmache.

Mein Weg führt mich zunächst zum Saigon River, den wir bisher kaum wahrgenommen haben. Den Anfang macht das schwimmende Restaurant Elisa – ein riesiges Schiff, das nach dem Vorbild asiatischer Dschunken eigens als Restaurant gebaut wurde. Es bietet auf fünf Decks Platz für bis zu 1.000 Gäste und liegt, zwar majestätisch, aber letztlich unbeweglich vertäut am Pier.

Als ich mich vom Ho-Chi-Minh-Museum und der Elisa aus flussaufwärts auf den Weg mache, wird mein Spaziergang jäh unterbrochen: Am Ufer findet eine aus meiner Sicht absurde Demonstration statt. 15 Mörsergeschütze sind aufgefahren, und unter wildem Fahnenschwenken einiger Kommandeure bedienen jeweils vier Soldaten synchron die Geschütze – allerdings nur mit leeren Hülsen, nicht einmal Platzpatronen kommen zum Einsatz. Über allem weht die rote Fahne, teils auch in der Variante mit Hammer und Sichel – dem Symbol der kommunistischen Partei Vietnams. Spontan fällt mir ein Werbeslogan ein: „Vietnam – das Land, in dem Geschichte noch nicht Geschichte ist.“

Ansonsten lassen wir es ruhig angehen – die Stadt selbst ist laut und hektisch genug. Ein Versuch, in einer der zuvor online recherchierten Straßen zu Abend zu essen, scheitert gründlich: Zum einen braucht das Grab-Taxi für die wenigen Kilometer vom zentralen Bến-Thành-Markt fast 20 Minuten, zum anderen ist an ein gemütliches Sitzen kaum zu denken. Dicht an dicht schieben sich Motorroller mehrspurig durch die Straße – direkt an den Verkaufsständen vorbei. Die Geschäfte nutzen den Gehweg entweder als Verkaufsfläche oder als Parkplatz für Kunden, sodass wir schließlich die Flucht ergreifen und lieber in unserem Appartement essen.

So vertrödeln wir die letzten zwei Tage in Ho-Chi-Minh-Stadt. Trotz Lärm und Hektik verlassen wir den Süden Vietnams letztlich mit durchweg positiven Gefühlen.

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