Unser Hotel liegt in Deira, einem der wenigen historischen Stadtteile Dubais, dessen Siedlungsgeschichte bis ins 17. Jahrhundert zurückreicht. Begünstigt durch seine Lage am Dubai Creek entwickelte sich Deira im 19. Jahrhundert zu einem bedeutenden Handelszentrum. Händler aus Persien, Indien und Ostafrika ließen sich hier nieder und handelten mit Perlen, Gewürzen und Textilien. Anfang des 20. Jahrhunderts wuchs Deira rasant und wurde zum wirtschaftlichen Herz Dubais, bis die Entwicklung neuer Stadtteile seine Bedeutung relativierte. Trotz moderner Hochhäuser bewahrt Deira bis heute seinen traditionellen Charme mit lebhaften Souqs und historischen Märkten, die uns heute in ihren Bann ziehen.
Den Vormittag verbringen wir auf dem Hoteldach, denn wir haben mit Neles Schule die Vereinbarung getroffen, dass sie auch während ihrer Reise schulisch aktiv bleibt. Natürlich nicht jeden Tag, aber immer wieder planen wir einen „Schultag“ – und das geht unter den Palmen am Pool weit angenehmer als bei Nieselregen in Erkrath. Trotz der Palmen kommen ein wenig Mathe und Deutsch nicht zu kurz. Biologie, Sachkunde und Religion hingegen erleben wir auf ganz praktische Weise.
Am Nachmittag schnüren wir die Schuhe und machen uns zu Fuß auf den Weg zum Souq Al-Dhahab, dem „Gold-Souq“. Hier wird seit vielen Jahrzehnten Gold gehandelt, und er zählt zu den berühmtesten Goldmärkten der Welt.
Schon wenige hundert Meter hinter unserem Hotel beginnen die Schaufenster zu funkeln, als wären sie ein Meer aus purem Licht, in dem goldene Wellen aus kunstvollen Ketten, funkelnden Armreifen und filigranen Diademen aufbrechen. Ganze Kleidungsstücke oder gar Hüte aus Edelmetall sind zu sehen, und irgendwo hier soll sich der größte Goldring der Welt befinden – sagenhafte 64 Kilogramm schwer. Dazwischen blitzt ein mit Blattgold bedeckter Tesla Cybertruck – man gönnt sich ja sonst nichts…
Wir betreten ein größeres Marktgebäude, in dem die Goldhändler auf fünf Etagen übereinander gestapelt sind. Irgendwo hier soll er sein, der Najmat Taiba, der größte Goldring der Welt. Im Erdgeschoss feilschen Horden von Menschen um die letzte Feinunze Gold – es ist laut und überwältigend. Überall glitzert es, und hinter jeder Ecke lauert der nächste bewaffnete Transporttrupp. Das Gold wird in Hartplastikkisten verpackt, auf kleine Rollwagen verladen und von Sicherheitsmitarbeitern, ausgestattet mit Helm und schusssicherer Weste, zu den Geschäften gebracht. Auf unserer Schatzsuche wählen wir mehrmals den falschen Aufzug und stehen immer wieder vor Türen, deren Wächter uns durch einen einzigen Blick mitteilen, dass wir hier nichts zu suchen haben. Letztlich bleibt unsere Suche erfolglos, was uns jedoch angesichts des Erlebten nicht weiter stört.
Wir verlassen den Gold-Souq in Richtung des Spice-Souq, der deutlich touristischer geprägt ist. An allen Ecken steigt der Duft von Gewürzen in die Nase, und jeder Händler versucht, uns seine Ware unter die Nase zu halten. Mit einigen unterhalten wir uns kurz, während uns Tiegel von Jasmin, Lotos, Lavendel, Lakritz, Schwefel und Alaun vorgestellt werden – immer mit dem Versprechen, dass diese Zutaten gegen oder für irgendetwas gut sein müssen!
Langsam beginnen unsere Füße zu schmerzen, und wir verlassen den Souq in Richtung Dubai Creek, einer etwa 13 Kilometer langen Meeresbucht, die sich wie ein Fluss durch die Stadt zieht. Der Creek teilt die historischen Stadtteile Deira und Bur Dubai und kann heute noch mit traditionellen Holzbooten, den Abras, überquert werden. Im Gegensatz zu den astronomischen Preisen in der Mall gestern ist es hier im historischen Dubai überraschend günstig: Die Fahrt mit der Abra kostet uns alle zusammen gerade einmal einen Euro. Sie ist kurzweilig und bietet auf jeder Seite beeindruckende Ausblicke. Der ganze Fluss und der Himmel sind von hunderten, wenn nicht tausenden, Möwen bedeckt, und der Betrieb erinnert an den auf dem Canale Grande in Venedig.
Müde, aber zufrieden, fahren wir mit der blitzsauberen Metro zurück. Ein letzter Besuch auf den sauberen, funktionierenden Toiletten der U-Bahn, die hier selbstverständlich kostenlos sind (warum geht das hier und nicht zu Hause?!?) und schon sind wir wieder im Hotel angekommen.
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