Syrakus war nicht nur Lebensort von Archimedes, sondern blickt auch auf eine über 2500 Jahre alte Geschichte zurück – klar: Archimedes, der zwischendurch in Alexandria an der dortigen Bibliothek studierte und unter anderem bei Eratosthenes in die Lehre ging, lebte natürlich nicht im Nirgendwo.
Wir stehend auf unserem teuren, lauten Stellplatz direkt neben der antiken Stadt und nutzen den Vormittag für einen Bummel durch die alten Steine. Besonders gut erhalten ist das griechische Theater, in dem heute wieder Aufführungen stattfinden und der alte Steinbruch, in dem man gut erkennen kann, wie gigantisch die Bautätigkeit der alten Griechen und Römer gewesen sein muss. Gigantische, zig Meter hohe Kavernen sind in den Fels geschlagen, immer schön rechtwinklig und mit strategisch gut plazierten Stützpfeilern. Mitten im Areal steht noch eine einzelne Zinne mit verfallenen Mauern oben drauf. Diese Mauerreste markieren das ursprüngliche Geländeniveau, bevor beim Erdbeben von 1693 ein Großteil der Kavernen einstürzte und das heutige Geländeniveau formte. Spektakulär auch das Ohr des Dionysos, eine 23 Meter hohe künstliche Höhle, 65 Meter tief in den Fels geschlagen. Zu der Grotte, in der man noch deutliche Bearbeitungsspuren am Gestein erkennt und in der immer wieder Schulklassen auf unterschiedliche Weise die phänomenale Akustik ausprobieren, gibt es auch noch eine Legende, die die Anbindung an den Namen des Tyrannen von Syrakus, Dionysos, erklären soll. Das ist genau der, zu dem in der berühmten Ballade „Die Bürgschaft“ von Friedrich Schiller, der Attentäter geht, der dafür zum Tode verurteilt wird und seinen Freund als Bürgen hinterläßt. Der syrakusanischen Legende nach soll Dionysos seine gefangenen Feinde im Steinbruch haben schuften lassen und ihnen die Grotte als Unterkunft gewährt haben, da er aufgrund ihrer besonderen Akustik abends ihre geflüsterten Gespräche belauschen konnte.
Die Römer, die Syrakus 212 v. Chr. trotz der ganzen Kriegsmaschinerie von Archimedes dann doch einnehmen konnten, fanden das griechische Theater doof und bauten gleich noch ein eigenes Amphitheater daneben – auch das schauen wir uns an, aber manche würden sagen: „Amphitheater? Kennste eins, kennste alle“… Unscheinbar, aber ganz interessant: Neben unserem Parkplatz verläuft ein kleines Bächlein in einem Rinnstein. Man könnte es fast übersehen, aber Giovanna aus dem Archimedes-Museum hatte uns darauf aufmerksam gemacht: Es handelt sich dabei um einen Kanal, in dem das Wasser aus einem der drei die Stadt schon zu griechischer Zeitversorgenden Aquädukte auch heute noch sprudelt!
Nach einer ausführlichen Begehung verlassen wir Syrakus, und zwar ohne uns aus zeitökonomischen Gründen die historische Altstadt Ortigia auf der gleichnamigen Halbinsel anzusehen. Unser Weg führt uns nämlich weiter in Richtung Norden, dem Ätna und der Gebietshauptstadt Catania entgegen.
Wir übernachten nahe des kleinen Örtchens Giarre auf einem netten Campingplatz mit fantastischer Pizzeria, von dem aus wir schon am Abend einen eindrucksvollen Blick auf den „Berg der Berge“ haben – auch, wenn sich sein Gipfel derzeit noch in Wolken hüllt. Am nächsten Morgen nutzen wir eine P&R-Parkplatz, um uns Catania fußläufig zu erschließen. Catania ist mit gut 300.000 Einwohner nach Palermo die zweitgrößte Stadt Siziliens und gehört mit Noto und anderen Städten, darunter das bereits besuchte Ragusa, zum UNESCO Weltkulturerbe. Wir sind insgesamt, das kann ich hier kurz machen, recht ernüchtert von unserem Besuch. Weder finden wir eine malerische Altstadt mit verwinkelten Gassen vor, noch besonders prunkvolle Kirchen (und wenn wir einen Dom finden, dann ist der zu!) oder Palazzi. Ein Filmdreh verhindert dann auch noch, dass wir zu unserem Eis kommen – wir werden heute keine Freunde mehr. Ein Amphitheater hier, eine Therme dort, zwischendurch eine mittelalterliche Burg. Vielleicht sind wir aber auch einfach schon gesättigt, das will ich nicht ausschließen.
Sagte ich schon, dass die Campingplatzklause fantastische Pizza serviert? Wir beschließen den Abend bei selbiger und gehen früh in’s Bett: Morgen früh geht’s Auffi, auf den Berg!
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