Wir haben genug von der ehemaligen Mafia-Hauptstadt und beginnen unsere Inselumrundung. Nach einigem Hin und Her entscheiden wir uns, Sizilien entgegen dem Uhrzeigersinn zu umfahren. Das sollte am Ende im Hinblick auf eine eventuelle Weiterreise über Kalabrien von Vorteil sein, außerdem kommen wir so schneller in den sonnigen Süden der Insel.
Der Küstenabschnitt unmittelbar westlich von Palermo ist nicht sonderlich interessant, die einzige „Attraktion“ ist der Aubahnabschnitt der A29 nahe Capaci, auf dem vor etwa 30 Jahren der wichtigste italienische Mafia-Jäger, der Jurist Giovanni Falcone, mit 500 kg TNT in die Luft gejagt wurde. Der Lieferant des Sprengstoffes wurde 2012 festgenommen, er war Fischer und hatte das TNT aus Weltkriegsbomben extrahiert, die er aus dem Meer geangelt hatte. Das Attentat stürzte Italien in eine schwere Krise (nicht die erste, nicht die letzte…) und begründete letztlich den Niedergang der Cosa Nostra in Palermo – zumindest treten sie nicht mehr öffentlich in Erscheinung.
Unser Weg führt uns ins kleine Städchen San Vito Lo Capo, das zumindest in der Nebensaison keinen anderen Zweck hat, als Ausgangspunkt für Touren in das Nationalreservat Zingaro zu sein, welches sich etwa 10 Kilometer südlich anschließt. San Vito Lo Capo liegt am Ende einer Sackstraße und liegt im äußersten Nordwesten Siziliens, etwa eineinhalb Autostunden von Palermo entfernt. Am Anreisetag gehen wir ein klein wenig Spazieren, inspizieren den örtlichen Strand und machen eine kleine Radtour zum örtlichen Leuchtturm, der an seinem Fuße von einer ganzen Kolonie Katzen bewohnt wird und neben dem sich noch ein alter Beobachtungsbunker aus den Zeiten des zweiten Weltkrieges befindet. Irgendwie wirkt es, als erwachte der Ort gerade aus seinem Winterschlaf und warte auf den Sturm der Sommertouristen, die hier zweifelsfrei kommen werden.
Wir hingegen sind bei 16°C Wassertemperatur eher an einer Wanderung interessiert, und so satteln wir nach einem Abendessen mit wahnsinnig guter Pizza aus dem Holzofen und einer gemütlichen Nacht früh morgens Kraxe und Wohnmobil. Schnell legen wir die 10 Kilometer zum Eingang des Parks zurück, zahlen die 10€ Eintritt und finden uns unverzüglich in einem lila-gelben Blumenmeer wieder. Jetzt im Frühling steht alles in voller Blüte, die Wildbienen summen von Blüte zu Blüte und unter uns rauscht das Meer, dessen Farben irgendwo zwischen türkis und smaragd changieren. Das Nationalreservat zeigt sich bei besten Wandertemperaturen von etwa 22°C und strahlendem Sonnenschein von seiner besten Seite! Wir erwandern uns einige Kilometer, verzichten aber auf den Höhenweg, der mit einer gut und gern 500 Meter hohen Höhenlinie aufwartet. Stattdessen bleiben wir unten auf Meereshöhe und wandern von Bucht zu Bucht. Im Sommer wird es auch hier sicherlich proppenvoll, aber wir finden locker noch ein Plätzchen, um unser kleines Handtuch auszubreiten und ein ganz klein wenig die Füße ins Wasser zu halten.
Nach einer ausgiebigen Pause am Strand wandern wir noch zur Grotta dell* Uzzo, einer prähistorischen Höhle. Die Höhle wurde während des späten Paläolithikums und des Mesolithikums von Menschen genutzt und ist bekannt für ihre archäologischen Funde. In ihr wurden Überreste von Steinwerkzeugen und Tierknochen gefunden, die darauf hinweisen, dass die Höhle von Jägern und Sammlern genutzt wurde, die dort lebten und jagten. Es wurde auch eine Fülle von Wildpflanzen und Nüssen gefunden, was darauf hindeutet, dass diese Menschen auch Pflanzen gesammelt und gegessen haben. Eine bemerkenswerte Entdeckung in der Höhle war ein gut erhaltenes menschliches Skelett, das in einem ausgegrabenen Bereich gefunden wurde. Das Skelett wird auf etwa 9.000 Jahre alt datiert und ist das älteste bekannte menschliche Skelett auf Sizilien. Die Grotta dell’Uzzo ist auch bekannt für ihre beeindruckenden Stalaktiten und Stalagmiten sowie für die Tatsache, dass sie immer noch von einer unterirdischen Quelle durchströmt wird, die das ganze Jahr über Wasser liefert und ein wichtiger Lebensraum für Fledermäuse ist. So weit kommen wir aber nicht hinein, der Zutritt ist für allein wandernde Gruppen verschlossen, man bräuchte einen Guide.
Mit fortgeschrittener Zeit sinkt die Sonne langsam hinter denn westlich gelegenen Berggrat und die Fauna lässt sich sehen. Das ganze Reservat wimmelt von sizilianischen Mauereidechsen, Wildbienen und Käfern.. Alles nichts großes, aber doch mit einem scharfen Auge gut zu sehen und ein großer Spaß für uns alle.
Nach etwa 5 Kilometern verabschieden wir uns, Nele springt auf dem Campingplatz noch einmal in den Pool, und wir beschließen den Abend vor dem Wohnmobil mit einer weiteren Holzofenpizza – die Kilo, die wir in Thailand verloren haben, kommen hier sicherlich schnell wieder auf die Hüften!
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