Der letzte Morgen ist gut durchgetaktet, verläuft aber planmäßig. Frühes Aufstehen, Frühstück um 7:30 Uhr, Abfahrt des Longtail-Boot vom Long Beach zum Ton Sai Pier um 8, Einchecken und Betreten der Fähre um 9, Ankunft am Rassada-Pier um 11. Wir bereiten am Auto die Koffer für die abendliche Weiterreise vor und reinigen das Fahrzeug, so gut es mit Bordmitteln geht, von vier Wochen Urlaub mit Kleinkindern. So etwas wie Staubsauger oder Waschstraßen kennt der Thai offenbar nicht, und so müssen wir hoffen, dass die Autovermietung uns keine Reinigung in Rechnung stellt. Den einzigen Schaden, den wir verursacht haben, ist, dass wir wohl die Antenne verloren haben. Ich erinnere mich, dass ich sie am Monkey Hill in Phuket abgeschraubt habe, um sie vor einem Affen zu retten, aber wo sie dann hingekommen ist, entzieht sich unserem Kenntnisstand.

Der Mitarbeiter am Thai-Rent-A-Car-Stand in Phuket guckt sich zum Glück eher den unteren Teil der Karosserie des Autos an, und die haben wir tatsächlich ohne jegliche Beschädigung durch’s Land manövriert. Es ist noch nicht einmal eine halbwegs kritische Situation aufgetreten, und darauf sind wir doch einigermaßen stolz, waren wir doch von vielen Seiten vor dem Verkehr in Thailand gewarnt worden. Angeblich ist es eines der unfallträchtigsten Länder der Erde…
Wir geben also unseren Mitsubishi X-Pander ab und checken unser Gepäck ein. Dieser Inlandsflug ist der neuralgische Punkt im Hinblick auf Übergepäck: Bei allen weiteren Flügen waren die Gepäckgrenzen eher großzügig, weil es sich um Interkontinentalflüge handelt, aber bei diesem Kurzstreckenflug gelten scharfe 20kg – und zwar nicht für Ian, der darf nur 10 kg mitnehemen. Wir kommen gerade so ‚drunter, wahhrtscheinlich, weil wir die letzte Flasche Chang-Bier auf Koh Phi Phi gelassen haben, und Bangkok Air bringt uns in einer guten Stunde zum Flughafen Suvarnabhumi nach Bangkok. Als wir auf unser Gepäck warten, klingelt schon mein Telefon und unser Fahrer meldet, dass er vor Ort sei. Im Angesicht der fortgeschrittenen Stunde und insbesondere der Lage unseres Hotels hatte ich von der Fähre aus morgens noch einen Taxidienst für uns organisiert: Es führt zwar eine Expressbahnlinie vom Flughafen ins Stadtzentrum, aber von deren Endhaltestelle bis zu unserem Hotel sind es noch weitere 6 Kilometer, das Hotel liegt zwar nahe, aber nicht unmittelbar an der Metro und mit zwei Kindern, drei Koffern und vier Rucksäcken ist es uns zu riskant, auf ein Taxi am Bahnhof zu hoffen.
Da ist es so schon schon einfacher, sich in einen großen SUV zu setzen und in etwa einer Dreiviertelstunde vor das Royal River Hotel kutschiert zu werden. Das Hotel ist aus den 70er Jahren, wurde aber regelmäßig renoviert. Es hat ein wenig von seinem ehemaligen Glanz als Luxus- und gehobenen Businesshotel verloren, macht aber immer noch einen sehr ordentlichen Eindruck. Vor allem ist es enorm großzügig angelegt, die Flure und Zimmer laden Nele spontan zu einigen Dauerläufen ein. So verbringen wir frohen Mutes unsere First Night in Bangkok.

Das Royal River Hotel zieht mit seinen großen Konferenzsälen auch heute noch Geschäftskunden an, und so findet sich im riesigen Frühstückssaal eine bunte Mischung aus Teilnehmern einer Fortbildung, Geschäftsleuten und Urlauberfamilien, wie wir eine sind. Leider – aus unserer Sicht zumindest – ist die zunehmende Nähe Chinas deutlich erkennbar. Das Frühstücksbuffet ist für unsere Mägen schon fast zu sehr für die chinesische Klientel optimiert, wir Westler sind diesen ganzen gekochten, gedünsteten oder pochierten Kram zum Frühstück einfach nicht gewohnt.
Unser Hotel liegt, der Name verrät es, direkt am Chao Phraya, dem Bangkok mittig durchschneidenden Fluss. Daher können wir unsere Sightseeing-Tour ganz einfach beginnen, indem wir gut 200 Meter von unserem Hotel entfernt einen Pier der Taxiboot-Flotte aufsuchen und uns mit der Orangenen Linie in Richtung des Großen Palastes fahren lassen. Der Fahrtpreis ist, da diese Linie im Gegensatz zur für Touristen ausgelegten Blauen Linie eher für Einheimische und Berufspendler eingerichtet ist, lächerlich gering, und der Fahrtwind kühlt angenehm. Die Dieselabgase des Kahns hätten nicht sein müssen – der Kapitän kennt nur Vollgas – aber man kan nicht alles haben.
Der Große Palast war bis Mitte des 20. Jahrhunderts die Residenz des Königs von Siam, wie Thailand bis 1939 hieß. Erst König Bhumibol der Große (Rama IX) entschied sich für einen neuen Amtssitz, einige Kilometer entfernt. Die Bauten des Großen Palastes sind aber auch heute, unter der Ägide des verrückten (darf man das im Internet schreiben?) Maha Vajiralongkorn (Rama X) noch in hoheitlicher Nutzung und der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Wir lassen uns daher mit einem Tuk Tuk um die Palastmauern kutschieren und besuchen den Wat Phra Kaeo direkt nebenan. Dieser Tempel beherbergt das Nationalheiligtum Thailands, den Smaragdgrünen Buddha. Diese 66 Zentimeter hohe, in Gold gewandete Figur aus Jade, gilt als Schutzbild Thailands; Der Besitzer sei der Legende nach von Krieg, Epidemien und sonstigem Unheil geschützt. Mindestens der Teil mit der Epidemie hat wohl nicht so gut geklappt beim letzten Mal…
Die Tempelanlagen sind überwältigend, gigantisch, monumental glitzernd. Jeder Quadratzentimeter der Außenfassade ist mit bunten Mosaiksteinchen und Spiegelscherben gepflastert – es ist ein einzigartiges Schauspiel. Leider schrauben sich während unseres Besuchs die Temperaturen immer weiter in die Höhe, so dass wir Meter für Meter immer mehr in’s Schwitzen kommen. Einzig das Innere des Tempels ist klimatisiert, aber wegen der sich vorbei wälzenden Besuchermassen ist unser Aufenthalt im Angesicht des Smaragdgrünen Buddhas nur von kurzer Dauer. Wir müssen aber etsprechend Mitleid erregend aussehen, bringt uns doch ein Wachmann ungefragt kühles Wasser für die Kinder und dirigiert uns vor den Auslass der Klimaanlagen, damit wir wenigstens ein bißchen Wärme loswerden können.
Wieder in profanum, also außerhalb der geweihten Erde der Tempel, müssen wir im Angesicht von tatsächlichen 39°C, die sich laut Wetterdienst wie 48°C anfühlen, die Reißleine ziehen und nach vier Stunden Sightseeing wieder zum Hotelpool zurück. Das Wetter ist, gerade mit kleinen Kindern, einfach unmenschlich. Schade, aber wir haben schon sechs Liter Wasser getrunken und Linderung ist nicht in Sicht. Wir lassen uns vom Fahrtwind der Orangenen Linie kühlen und gehen erstmal baden.
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