Nach dem kühlenden Starkregen von gestern Abend sind wir heute Morgen wieder guter Dinge und starten, wie eigentlich jeden Tag, mit Vorfreude und Enthusiasmus. Ich möchte heute versuchen, die verpasste Gelegenheit zum Paddeln nachzuholen, aber diesmal lassen wir Antje und Ian gleich zu Hause. Die Kommunikation mit dem Anbieter läuft, wie hier allgemein üblich, über WhatsApp. Jeder noch so kleine Unternehmer hat einen Buisness-Account, über den Terminabsprachen schnell und unkompliziert getroffen werden können. Auch ich empfinde diese Art der Kommunikation als angenehm: Die Absprachen sind im Chat unmittelbarer und bidirektionaler als per sperriger E-Mail und es ist im Hinblick auf die Sprachbarriere einfacher, als anzurufen, da insbesondere die Thai hier nicht immer so richtig sattelfest sind im Englischen.
Wir halten uns also an unsere Verabredung, fahren erneut die halbe Stunde nach Ao Thalane, diesmal allerdings ohne Halt am Müll-Strand. Der Kajakverleih liegt neben einem Pier, an dem auch so etwas wie kommerzielle Schiffahrt stattfindet; Die Rostlauben, die hier für den Güterverkehr anlegen, stellen sogar unseren Seelenverkäufer nach Ko Samui nochmal in den Schatten. Ich staune, wie wenig Metall nötig und wie viel Rost möglich ist, um ein Schiff vor dem Untergang zu bewahren…
Die Ausleihe erfolgt unkompliziert: Arno, so stellt sich unser Verleiher vor, gibt uns Schwimmwesten und ein Plastik-Seekajak, welches sich einschließlich seines Doppelpaddels in einem ordentlichen Zustand befindet. Er fragt der Form halber nach, ob wir einen Guide brauchen. Ich verneine (leichtsinnigerweise?), und darf mir zur Orientierung noch ein Foto von der Umgebungskarte machen.

Arno weist mich darauf hin, dass die Rundtour nur unter ganz bestimmten Umständen machbar wäre, nämlich bei Flut, wenn gerade Springtide, also Vollmond ist. Wir haben Flut, so weit, so gut, aber es ist gerade Nipptide, also Halbmond. Wir sollten es einfach probieren, es könne aber flach werden an einer Stelle. Sollte es nicht gehen, müssten wir umkehren und zurück fahren.
Ich schnappe mir also meine Tochter, setze sie auf den Touristenplatz im Bug und fange an, die 8 Kilometer lange Runde zu paddeln. Das erste Drittel führt uns, an einer Sandbank vorbei, auf’s offene Meer. Linkerhand fallen spektakulär steil 30 Meter hohe Kalksteinfelsen ab, zwischendurch mit einigen einzelnen Pflanzen gesprenkelt. Das Paddeln ist unangenehm, weil es gegen Wind und Welle geht, und durch die ungleiche Masseverteilung im Boot fahre ich so ziemlich jede Welle einmal hoch, um danach mit einem lauten Klatschen ins Tal zu fallen. Der Nachwuchs hat Spaß, aber voran kommen wir so natürlich kaum.
Nach der illustren Achterbahnfahrt biegen wir links auf das wohl spektakulärste Stück Paddelstecke ab, auf dem ich je unterwegs sein durfte. In der Karte oben als Cannyon ausgezeichnet schneidet ein Kanal die Insel entzwei, links und rechts ragen steil und schroff die Felsen bis zu 100 Meter senkrecht auf. Unser Boot gleitet über die spiegelglatte Wasseroberfläche, wir sind mutterseelenallein unterwegs, und wenn ich die Paddel still halte, sind wir völlig lautlos, um uns herum nur die allgegenwärtigen und uns mittlerweile vertrauten Geräusche des Insekten. Ein faszinierendes Erlebnis, das wir da genießen dürfen.
Am Ende des Canyons weiten sich die Felsen und der natürliche Kanal öffnet sich in einen Mangrovensumpf. Linkerhand begleiten uns weiter die schroffen Felsen, rechterhand das schon aus Krabi bekannte Wurzelgewirr. Begeistert paddeln wir weiter, während der Kanal sich immer weiter verzweigt und die einzelnen Wasserwege immer enger werden. Zweimal verfahren wir uns und landen in einer Sackgasse, aber dank einer mittlerweile herausgekramten vernünftigen Landkarte aus dem Internet finden wir doch immer wieder den richtigen Weg. Nur dieser Karte ist es dann auch zu verdanken, dass ich hartnäckig bleibe, als der Wasserweg zu einem schmalen Rinnsal wird. Wir haben die Flachwasserzone erreicht, und es fehlen wirklich nur ein paar Kilogramm mehr im Boot, und wir hätten es nicht geschafft. Mehrfach muss ich im Boot auf die Knie gehen und das Paddel als Stock benutzen um uns im sumpfigen Morast voranzuschieben. Wir haben wahrlich keine Handbreit Wasser mehr unter dem Kiel, sondern stecken buchstäblich im Matsch fest.
P.S.: Die Fragen von Nele beziehen sich einzig und allein auf das Halten der Kamera!
Mit viel, viel Körpereinsatz und dem Verspritzen von großen Mengen Sumpf über das Boot, über Nele und mich wuchte ich unseren Kahn schließlich durch die Engstelle. Erschöpft und zugegebenermaßen ein wenig verärgert ob der Leichtigkeit, mit der mich Arno in diese Situation hat fahren lassen, umkreisen wir den Rest der Insel, stellen uns wieder dem Gegenwind und landen schließlich nach gut zwei Stunden wieder am Pier. Das Boot ist schnell abgegeben und wir machen uns auf den Weg zu einer gründlichen Reinigung im Hotel.
Während dieser bricht draussen dann erneut die Hölle auf: Ein Tropengewitter, das sich gewaschen hat, zieht über Ao Nang hinweg. Blitze zucken, der Strom schwankt, anschließend ergießen sich zig Liter Wasser pro Quadratmeter – es ist Weltuntergangsstimmung.

Zum Glück endet das Ganze aber auch so schnell, wie es begonnen hat, und nach insgesamt zwei Stunden Unwetter ist die Luft wieder klar und rein, ein wenig kühler geworden und vor allem vom Staub reingewaschen. Wir machen uns auf den Weg zu einem späten Abendessen, und noch vor dem Bezahlen, bemerke ich… Bauchschmerzen und Übelkeit
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