Wat? Wat. Angkor Wat!

Nun ist der große Tag gekommen: Vor bestimmt 30 Jahren habe ich im Computerspiel Civilization zum ersten Mal davon gehört, und seitdem stand es sinnbildlich für Exotik, Asien, Dschungel – Angkor Wat. Die größte religiöse Tempelanlage der Welt wurde im 12. Jahrhundert als hinduistischer Tempel für Vishnu erbaut. Später wandelte sie sich in eine buddhistische Stätte und ist heute ein bedeutendes, wenn nicht das wichtigste Symbol der kambodschanischen Kultur. Die beeindruckende Architektur mit ihren kunstvollen Reliefs und den fünf markanten Türmen spiegelt in den Plänen der Erbauer die kosmische Ordnung wider. Jährlich zieht Angkor Wat Millionen von Besuchern an, die die majestätischen Ruinen erkunden. Dabei ist Angkor Wat nur der namensgebende Haupttempel – in der Nähe befinden sich unzählige weitere.

Da selbst die kürzeste Rundtour durch die Tempel bereits 18 Kilometer lang ist, buchen wir an unserem Hotel einen Fahrer, der uns den ganzen Tag mit dem Tuk-Tuk begleitet. Dafür sollen wir den horrenden Betrag von 18 US-Dollar entrichten – bei solchen Preisen fällt es uns leicht, das Angebot anzunehmen. Pünktlich um 8 Uhr treffen wir uns in der Hotelrezeption mit Sam, und los geht es. Wir verabreden einen groben Plan für den Tag: Wir werden uns nur die drei berühmtesten Tempel anschauen – alles darüber hinaus wäre mit den Kindern zu mühsam. Immerhin haben wir 35 Grad, und Sam kann uns natürlich nicht durch die Tempel selbst fahren.

Unsere erste Station ist Angkor Wat. Über eine steinerne Brücke, die einen etwa 180 Meter breiten Kanal überspannt und den Tempel nahezu quadratisch umgibt, betreten wir die Anlage. Über die Tempel selbst will ich mich hier nicht weiter auslassen – das können andere Internetquellen besser als ich. Wir haben verhältnismäßig Glück, sowohl mit dem Wetter als auch mit der Anzahl der Besucher, die sich zeitgleich mit uns in der Anlage aufhalten – es ist nicht wirklich voll.

Nach unserem Besuch von Angkor Wat, in dem wir gute drei Stunden verbringen, fährt uns Sam weiter zum Bayon-Tempel, der für seine meterhohen, in Stein gemeißelten Gesichter berühmt ist. Der Enthusiasmus der Kinder hält sich bei der Erkundung in Grenzen – aber dafür muss man Verständnis haben. Kurios wird es noch einmal, als wir nach der Tempeltour eine Toilette aufsuchen wollen. Entweder sind wir zu blöd, die Touristen-Toilette zu finden, oder es gibt einfach keine. Auf jeden Fall finden wir uns unvermittelt in einer kleinen Tempelsiedlung wieder, in der Hühner und Gänse zwischen einfachsten Häusern herumlaufen. Neben dem, was wir für Toilettenhäuschen (wohl für die Besucher des örtlichen modernen Tempels) halten, suhlt sich genüsslich eine große Muttersau in einer Schlammgrube. Leider findet sich auch hier wieder jede Menge Plastikmüll, und wir fragen uns zum gefühlt hundertsten Mal, warum die Menschen hier sich nicht daran stören und ihre Umgebung so verkommen lassen.

Gerade als Nele noch mit dem Loch im Boden hadert, das wir ihr als Toilette verkaufen wollen, entdeckt die Sau meinen Rucksack. Unter den schmunzelnden Blicken einiger in ihren Hängematten liegenden Einheimischen vollführen wir einen wilden Tanz um eine steinerne Bank, die ich zwischen mir und der Sau zu halten versuche. Als sie jedoch zu aufdringlich wird, trete auch ich die Flucht in die Toilette an – die immerhin eine Tür hat. Erwähnte ich schon, dass ich bei der ganzen Nummer Ian in der Kraxe auf dem Rücken dabei hatte?

Nach dieser humoristischen Episode fährt uns Sam weiter zum Ta-Prohm-Tempel, der besonders durch den Film Tomb Raider Berühmtheit erlangt hat. Dieser Tempel wurde, soweit möglich, in dem Zustand belassen, in dem die Restauratoren und Architekten ihn vorgefunden haben – um zu zeigen, wie die Natur sich die Tempel zurückholen würde, wenn man sie ließe. Besonders eindrucksvoll sind die Würgefeigen und die noch größeren Tetrameles nudiflora (leider ohne mir bekannten Trivialnamen), deren Wurzeln ganze Gebäude überwachsen. Auch hier verbringen wir eine ganze Weile, bevor wir uns wieder mit Sam treffen.

Er hat seine Sache den ganzen Tag über mehr als gut gemacht: Zwischen den Tempeln hat er uns immer wieder kaltes Wasser aus seiner Kühlbox angeboten, an strategisch günstigen Stellen gewartet, sich nach unseren Wünschen gerichtet, zwischendurch für Fotostopps gehalten – und das alles für lächerliche 18 Dollar. Davon muss er ja auch noch den Sprit und den Unterhalt für sein Tuk-Tuk zahlen. Verrückt, aber so ist das Preisgefüge hier nun mal – immerhin kosten die Pommes nur einen Dollar und das Bier in der Happy Hour 50 Cent.

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