Ko Samui

So richtig erfrischend sind die Nächte im Dschungel leider nicht. Das liegt zum einen daran, dass die Räume doch erheblich nachheizen, auch, wenn die Außentemperaturen ab Mitternacht langsam erträglich werden, zum anderen an der permanenten, latenten Angst vor ungebetenen Gästen. Damit meine ich nicht nur den Makaken, der nach dem Großangriff des ersten Tages erneut bei uns eingebrochen ist – obwohl: eingebrochen ist falsch. Unsere Haustür war offen, Antje und Nele saßen davor auf der Veranda, und der Gute ist einfach hineinspaziert. Ich war gerade im Bad, als ich warnende Rufe von draußen hörte: „Ein Affe ist drin!“. Aus dem Bad eilend konnte ich den Dieb aber auch nur noch dabei beobachten, wie er sich meine Dose Erdnüsse unter den Arm klemmte und damit auf das Nachbardach verschwand. Die kleinen Viecher können also auch Konserven öffnen….

Wo war ich? Richtig, bei den Insekten. Trotz Mosiktonetzen hatten wir schon am ersten Abend einige Ameisen im Bett, und zwar so kleine, dass auch das Netz sie nicht hat aufhalten können. Und so stellt sich die richtige Entspannung nicht ein, wenn man unterbewusst ständig überlegt, welches zwei-, vier-, acht- oder sogar sechsbeinige Getier gerade den nächsten Angriff plant. Auch die ganz beinlosen Gesellen finden wir direkt vor unserer Hütte…

Mangroven-Nachtbaumnatter. 2 Meter lang, leicht giftig, schläft im Baum vor unserer Hütte.

Wir brechen also – planmäßig – unsere Zelte im Dschungel ab und machen uns auf die Reise zu unserem nächsten Etappenziel: Ko Samui.

Ko(h) Samui, beide Schreibweisen sind üblich, ist eines der in Deutschland recht bekannten Reiseziele Thailands. Das liegt einmal an der Insel und ihren Vorzügen selbst, aber auch daran, dass sie über eine eigenen Flughafen von den großen Drehkreuzen schnell angeflogen werden kann. Auch Kreuzfahrtschiffe, die im Pazifik und dessen Randmeer, dem Golf von Thailand, ihre Runden drehen, haben Ko Samui als üblichen Stopp in ihrem Programm. Wir zum Beispiel verpassen Silke, eine alte Freundin noch aus als Schulzeiten, nur um einen einzigen Tag. Silke macht mit ihrer Frau gerade eine Kreuzfahrt von Singapur über Ko Samui, Bangkok, Ho Chi Minh Stadt und Hanoi nach Hong Kong. Schade, dass wir uns verpasst haben!

Unsere Fahrt von Khlong Sok aus ist wenig aufregend. Wir queren auf dem Highway 44 eine große Ebene, den Isthmus von Kra. Diese Landenge verbindet die die malaiische Halbinsel mit dem Asiatischen Kontinent und ist an dieser Stelle nur knapp 50 km breit. Der Highway 44 ist Teil eines großes Infrastrukturprojekt zur wirtschaftlichen Entwicklung des Südens, aber außer den in jeder Fahrtrichtung zwei Spuren ist noch nicht viel geschehen. Zwischen den mittleren Spuren ist ein 150 Meter breiter Grünstreifen angelegt, in dem später einmal eine Eisenbahn und eine Pipeline gebaut werden sollen. So erklärt sich auch, weshalb die Straße an einer Stelle fast 20 Kilometer schnurgerade, wie mit dem Lineal gezogen verläuft. Das Autofahren wird dadurch auf jeden Fall nicht spannender…

Am frühen Nachmittag erreichen wir Donsak, den Fährhafen für die Fähren nach Ko Samui und Ko Pha-ngan, das weiter im Norden liegt und den Ruf einer „Party-Insel“ hat. Die Fähre kostet umgerechnet nur 20€, aber den Daten-Strip mit Vorlage von Pässen, Kennzeichen und Erfassung biometrischer Merkmale gibt’s gratis oben drauf. De jure ist Thailand ja eine konstitutionelle Monarchie, aber seit dem Militärputsch von 2014 herrscht de facto eine Militärjunta, was an solchen Stellen, aber z. B. auch bei meinen erfolglosen Versuchen, eine Drohnenfluggenehmigung zu erhalten, deutlich wird.

Die verbrennen nur Diesel! Bestimmt!

Die Fähre ist maximal langsam und maximal schmutzig, sos dass wir genug Zeit haben, uns darüber Gedanken zu machen, was wohl in einem Unglücksfalle passieren würde. Wahrscheinlich wären wir nur eine Randnotiz in den westlichen Medien (bitte mit der Stimme von Jan Hofer lesen) „Bangkok. Im Golf von Thailand ist ein Seelenverkäufer gesunken, wegen der unterirdischen Sicherheitsstandards gab es keine Überlebenden. Unter den 120 Opfern war auch eine Familie aus Detuschland. Und nun zum Wetter…“ Es ist wirklich haarsträubend.

Trotz aller Widrigkeiten erreichen wir Ko Samui auf der Westseite und finden schnell den Weg in unsere Unterkunft. Diese hatten wir von Phuket aus noch einmal geändert: Wir hatten ja die allermeisten Hotels bereits von Deutschland aus gebucht, und beim Crystal Bay Yacht Club im Osten der Insel waren uns im Nachhinein viele aktuelle, schlechte Bewertungen auf den gängigen Portalen aufgefallen. Dank der großzügigen Stornierungsrichtlinien hier in Thaiiland hatten wir uns umentschieden und nächtigen in einem kleinen, inhabergeführten Boutique-Hotel mit nur 9 Wohneinheiten, die sich in jeweils einzelnen Bungalows mit sicher 100 m2 Wohnfläche befinden. Sogar ein eigenes Massagezimmer haben wir, außerdem drei Toiletten, drei Duschen und einen Whirlpool. Kosten, inclusive Frühstück für drei Personen: 90€ die Nacht. Man kann hier in Thailand selbst auf den touristisch orientierten Inseln auch noch richtige Schnäppchen machen! Leider ist die Lage des Hotels nicht optimal (was dann auch ein Grund für den Preis sein dürfte): Auf der Westseite der Insel ist der Strand, fast einem Wattenmeer gleich, extrem seicht abfallend, dadurch auch recht verschlammt und abgesehen von der tollen Optik zum Frühstück am Strand nicht wirklich toll bebadbar.

Frühstück am Strand

Wir machen uns daher täglich mit dem Auto auf den Weg, die Insel zu erkunden und von Strand zu Strand zu fahren – das ist aber im Sinne der Vielseitigkeit auch nicht das schlechteste. Auch zur Crystal Bay führt uns unser Weg, und die Bucht selbst verdient sicherlich das Attribut „Schönste Bucht der Insel“. Hier ist er wieder, der perfekte, weiße Sandstrand, die Kokospalmen, die großen, rund gewaschenen Felsen im Licht der untergehenden Sonne. Leider stellt sich auch bei uns langsam ein Gewöhnungseffekt ein: So sind die meisten Strände hier nun einmal. Kämen wir direkt aus der Heimat auf die Insel geflogen – wir wären auf die Knie gefallen vor Staunen. So genießen wir nur noch und staunen weniger…

Auch Ko Samui verfügt über seine touristischen Highlights, wie etwa den 12 Meter hohen Big Buddha einschließlich extrem golden angemalter Tempelanlage ’drumherum. Unmittelbar daneben findet man gleich die nächste Statue, den Guanyin mit 18 Armen. Diese beiden recht modernen Tempel sind in der Tat ausgesprochen eindrucksvoll und laden zu einem guten halben Tag bummeln und flanieren ein. Actionreicher wird es bei einem der unzähligen Wasserfälle der Insel, unter dem sich immer wieder ein Pool zum Baden findet. Oft sind die Parklätze in unmittelbarer Nähe ausgebaut, gelegentlich stehen dort unter mindestens fragwürdigen Haltungsbedingungen einige Elefanten herum, die gefüttert und geritten werden können. Einige der Pools sind so tief ausgewaschen, dass besonders mutige Besucher Sprüge von den umliegenden Felsen wagen. Aus Angst vor unbekannten Unterwasserhindernissen verzichte ich aber auf diesen Nervenkitzel, man muss ja nicht jeden Unfug mitmachen. Auf jeden Fall ist der Besuch durch die hohen Urwaldbäume und den in der Luft liegenden Sprühnebel immer eine schattige und angenehm erfrischende Angelegenheit, die wir sehr genießen.

Im Norden der Insel liegt Bo Phut, ein nach Angaben in Reiseführern „ursprüngliches Fischerdorf“ – nach unserer Einschätzung hat dieses Dorf mit Ursprung nichts zu tun, sondern es ist aus touristischen Gründen nachträglich so gestaltet worden. Es eignet sich für einen kurzen Spaziergang durch die Fußgängerzone, aber mehr auch nicht. Am Wochenende verwandelt sich diese in eine „Walking Street“, die thailändisch-touristische Bezeichnung für einen in erster Linie von Touristen besuchten Nachtmarkt. Wir kommen hier noch nicht in den Genuss eines Besuches, das muss aus Wochentags-Gründen bis zu unserem nächsten Ziel, Krabi, warten.

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