Nachdem ich bei meinem letzten Thailand-Besuch bereits unglaubliches Glück am Richelieu Rock hatte (eine Begegnung mit einem Walhai!), stand für mich schon lange fest, welchen Tauchplatz ich diesmal ansteuern wollte. Hin Daeng und Hin Muang – der rote und der pinke Felsen – liegen mitten in der Andamanensee und sind eigentlich nahezu unerreichbar weit draußen. Nur von Koh Lanta aus bieten einige Anbieter Tagesausflüge mit dem Speedboat an. Es könnte also sein, dass die Entscheidung, Koh Lanta als Ziel einzuplanen, nicht ganz uneigennützige Gründe hatte …
Wie auch immer: Schon von Koh Phi Phi aus habe ich Kontakt mit Lanta Divers aufgenommen, und an unserem dritten Tag auf der Insel soll es endlich losgehen. Leider ist das Wetter noch immer durchwachsen (zumindest nach hiesigen Maßstäben), und insbesondere der starke Wind macht die Sache kompliziert – nicht ideal, wenn man hinaus aufs offene Meer will. Eine Rückfrage bei Julie, die gemeinsam mit ihrem Partner Kenneth (beide aus Manchester) die Tauchbasis betreibt, ergibt jedoch grünes Licht: Man will es auf jeden Fall versuchen. Letztlich entscheidet aber der Kapitän des Tauchboots, ob es tatsächlich losgeht. Als Alternative wird Koh Ha genannt – aber mein Ziel ist Hin Daeng, schließlich besteht dort eine realistische Chance, mit den majestätischen Mantarochen zu tauchen.
Am Morgen, nach einem sehr frühen Frühstück (die Familie schläft noch), werde ich mit einem kleinen Transporter abgeholt und direkt zum Boot gebracht. Dort lerne ich meine heutigen Tauchpartner kennen: Romy, Heiner und Uwe. Na, da hätte ich ja auch gleich in Deutschland bleiben können … Neben uns vieren sind noch zwei Chinesen und ein Franzose an Bord. Dann geht es los – mit über 50 km/h schießen wir mit dem Speedboat übers Wasser. Je weiter wir uns von der Küste entfernen, desto rauer wird die See. Aber alles, was noch keine Schaumkronen hat, gilt hier als gutes Wetter.
Nach fast zwei Stunden erreichen wir unser Ziel – und sehen es nicht einmal! Bei Flut ragen die Spitzen der Unterwasserfelsen nicht über die Wasseroberfläche hinaus. Wie Richelieu Rock oder der Sail Rock vor Koh Samui handelt es sich um freistehende Felsnadeln, Überreste vulkanischer Aktivität. Die oft starke Strömung sorgt für sauberes, nährstoffreiches Wasser, das unzählige Fische anzieht.
Wir machen uns bei heftigem Seegang für den ersten Tauchgang bereit, und langsam beginne ich, an der Seefestigkeit meines Magens zu zweifeln. Normalerweise bin ich nicht anfällig für Seekrankheit, aber das hier bringt mich langsam an meine Grenzen. Unter Wasser wird der erste Tauchgang nicht gerade entspannt – die Strömung ist erheblich, und wir müssen uns richtig anstrengen. Dieses Phänomen ist hier bekannt; auf Teneriffa hatte ich extra noch einen Tieftauch-Kurs absolviert, ohne den ich an diesem Tauchgang gar nicht hätte teilnehmen dürfen. Wenn die Strömung zu stark ist, kann man sie untertauchen – allerdings erst in einer Tiefe von bis zu 40 Metern. So weit müssen wir heute nicht hinab, aber anstrengend ist es trotzdem. Uwe kämpft besonders und hat seinen Luftvorrat deutlich schneller verbraucht als wir. Er muss schließlich an der Flasche des Tauchführers hängend auftauchen. Wir anderen beenden den Tauchgang, doch leider zeigt sich kein Mantarochen.
In der Stunde unter Wasser hat sich das Wetter weiter verschlechtert, und wir verkürzen die Oberflächenpause, die eigentlich zur Erholung und zum Abbau des im Blut gelösten Stickstoffs nötig ist, auf ein Minimum. Auf ein Mittagessen hat sowieso niemand Lust – unser Boot wird vom Seegang wie ein Spielzeug hin und her geworfen. Kurz bevor wir zum zweiten Tauchgang abtauchen, beugt sich einer der Chinesen über die Reling und übergibt sich – unfreiwilliges Fischefüttern.
Der zweite Tauchgang ist strömungsgeschützter und deutlich entspannter. Wir sehen eine Vielzahl tropischer Meeresbewohner – nur die Mantas bleiben erneut aus. Da werde ich wohl ein anderes Mal noch einmal wiederkommen müssen …
Nach gut einer Stunde haben wir es geschafft. Unter Wasser war die Seekrankheit kein Problem, aber zurück an Deck versinkt das gesamte Boot nach und nach in einen Sitz-Schlaf – außer dem Kapitän, hoffe ich. Sogar die Crew scheint ein wenig zu dösen. Erst als wir im Windschatten von Koh Ha wieder langsam zu uns kommen, beruhigen sich auch unsere Mägen. Wir sind uns einig: Diese Bootsfahrt hat uns definitiv an unsere Grenzen des Angenehmen gebracht – und einige von uns sogar ein Stück darüber hinaus.
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