Antje fühlt sich seit ein paar Tagen gesundheitlich angeschlagen, und heute hat sie sogar leichtes Fieber. Nach einem abwartenden Vormittag beschließe ich daher, am Nachmittag allein auf eine kurze Exkursion zu gehen. Wer Antje kennt, weiß, dass das, was ich heute vorhabe, selbst bei bester Gesundheit eh nicht zu ihren Lieblingsbeschäftigungen gehören würde: Ich plane einen Besuch des Tiger Cave Temple, Wat Tham Sua.
Der Tempel ist ein bedeutendes buddhistisches Meditationszentrum, bekannt für seine spirituelle Atmosphäre und den anspruchsvollen Aufstieg über 1.260 Stufen. Seinen Namen verdankt er einer Höhle, in der einst Tiger gelebt haben sollen. Heute dient er Mönchen als Ort der Stille und Einkehr. Gegründet in den 1970er Jahren von Ajahn Jumnien, hat er sich zu einem wichtigen Pilgerziel entwickelt, das sowohl Gläubige als auch Reisende wie mich anzieht. Neben beeindruckenden Statuen und Schreinen lockt der Gipfel mit einem atemberaubenden Ausblick. Der Tempel liegt etwa eine halbe Autostunde von Ao Nang entfernt – und gerade an Tagen wie diesem bin ich froh über unsere Entscheidung, in Krabi einen Mietwagen zu nehmen. So sind wir flexibel, nicht auf andere angewiesen und können spontan entscheiden, was wir unternehmen. Das Fahren klappt problemlos, auch wenn einige Verkehrsregeln hier sehr eigenwillig interpretiert werden: An roten Ampeln auf einer Linksabbiegerspur fahren die Thais einfach weiter – quasi wie bei unserem grünen Pfeil für Rechtsabbieger, nur ohne Pfeil. Befremdlich, einfach so über rote Ampeln zu fahren!
Mich über solche Feinheiten nur kurz wundernd erreiche ich bald die Region des Wat Tham Sua und erblicke mein Ziel:

Ich hatte zwar gelesen, dass es 306 Höhenmeter und 1.260 Stufen sind, aber in der Realität sieht das dann doch noch beeindruckender aus! Am Fuß des Berges schnüre ich meine Wanderschuhe und beginne den Aufstieg. Die ersten Stufen sind noch flach, doch nach etwa 20 fühlt sich die Treppe eher wie eine Leiter an. Beim Gehen rechne ich nach – was soll man auch sonst tun, um sich abzulenken – und komme auf eine durchschnittliche Stufenhöhe von 25 cm. Mit 300 Höhenmetern und etwa 600 Metern Streckenlänge ergibt das einen Steigungswinkel von 30° beziehungsweise 50 %. Glücklicherweise entdecke ich die Markierungen zur Stufenzählung erst ab etwa der 500er-Marke – das gibt mir das Gefühl, „ja schon fast oben“ zu sein. Eine schweißtreibende Angelegenheit, denn wir haben über 30 °C Außentemperatur. Trotzdem kämpfe ich mich hoch, und am Ende war es gar nicht so schlimm.
Oben angekommen, genieße ich die phänomenale Aussicht und beneide fast den Buddha, der diesen Anblick jeden Tag hat – und das ganz entspannt im Sitzen!
Leider bin ich etwas zu früh für den Sonnenuntergang, der über den Kreidefelsen der Phang-Nga-Bucht bestimmt spektakulär aussieht. Aber ich möchte Antje mit den Kindern nicht zu lange allein lassen, vor allem nicht in ihrem angeschlagenen Zustand. Also mache ich mich an den Abstieg, stelle fest, dass „runter“ zwar weniger anstrengend, aber nicht wirklich schmerzfrei ist, komme wohlbehalten unten an und trete den Heimweg an.
Das Abendessen besorgen wir uns wieder auf dem Nachtmarkt – diesmal einem kleineren, der in unmittelbarer Nähe unseres Hotels liegt. So langsam gewöhnen sich die Kinder an gebratenen Reis mit Gemüse, besonders Ian isst ihn begeistert. Die Chicken Nuggets gibt’s am Ende trotzdem noch – als kleine Belohnung.
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