Palermo

Wir verbringen unsere erste echte Nacht im neuen, eigenen Wohnmobil – der Parkplatz an der Autobahn zählt nicht – und frühstücken gemütlich, allerdings noch im Innenraum. Der Stellplatz, der uns gestern Abend zugewiesen wurde, war nur ein provisorischer, und wir haben keine Lust, für ein einziges Frühstück die Möbel herauszurödeln. Nach dem Frühstück und dem ersten Versorgen mit Frisch- und Entsorgen von Abwasser beziehen wir unser endgültiges Plätzchen für die nächsten zwei Nächte unter alten Olivenbäumen. Wir fühlen uns gleich wohl und packen die Sachen für die Stadterkundung durch Palermo.

800 Meter von unserem Campingplatz entfernt macht der Vorortzug Station und bringt uns für wenig Geld, dafür aber sauber und pünktlich (Hallo, Deutsch Bahn! Selbst Palermo kann das besser als ihr! Palermo!!!) in die Altstadt von Palermo. Wir beginnen unsere Stadttour im Albergheria-Viertel, direkt am Normannenpalast. Der Palast ist berühmt für seine prächtige Architektur und seine reichen kulturellen Schätze. Einige der bemerkenswertesten Highlights sind die Kapelle Palatina, ein Meisterwerk der byzantinischen Kunst, und der Königssaal, ein großes Zimmer, das mit Mosaiken und Fresken aus dem 12. Jahrhundert dekoriert ist. Die Kapelle Palatina ist eine der schönsten Kirchen in Italien und angeblich eine der schönsten Beispiele für byzantinische Kunst weltweit. Die Wände und Decken sind vollständig mit Goldmosaiken bedeckt, die Szenen aus der Bibel und Heiligenfiguren darstellen.

Der Normannenpalast in Palermo hat eine besondere Bedeutung für die deutsche Geschichte, da hier am 1194 Heinrich VI. zum König von Sizilien gekrönt wurde. Heinrich VI. war der Sohn von Kaiser Friedrich I. (Barbarossa) und folgte seinem Vater auf den Thron des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Außerdem diente der Palast während der Besetzung Siziliens durch die deutsche Wehrmacht als Hauptquartier des deutschen Kommandanten auf Sizilien, General Hans Geisler.

Das Albergheria-Viertel außerhalb des Palastes ist eines der ältesten und historischsten Viertel von Palermo. Es befindet sich im Herzen der Stadt, zwischen Kathedrale von Palermo und Quattro Canti. Es ist berühmt für seine engen Gassen, antiken Gebäude und barocken Kirchen. In ihm finden sich zahlreiche Paläste und Adelsresidenzen, die einst von reichen Kaufleuten und Adligen bewohnt wurden. Viele dieser Gebäude wurden im Laufe der Jahrhunderte restauriert und sind heute noch gut erhalten – gleichwohl sind unheimlich viele der Fassaden auch in erbarmungswürdigem Zustand. An allen Ecken bröckeln Putz und Farbe, und die Balkone würde ich in vielen Fällen nicht betreten wollen.

Wir lassen uns vom Strom der Menschen treiben und besichtigen gleich am ersten Tag einige der wichtigsten Sehenswürdigkeiten von Palermo, als da wären die Kirche San Giovanni degli Eremiti, die eine der ältesten arabischen Bauwerke in Sizilien ist, die Kirche Santa Maria dell’Ammiraglio, bekannt für ihre atemberaubende byzantinische Mosaikdekoration und die Chiesa del Gesù, eine Barockkirche des 16. Jahrhunderts, bekannt für ihre Sammlung von Kunstwerken, darunter das Gemälde „Christus, der Weltretter“ des Malers Pietro Novelli. Dieses Gemälde ist eine der wichtigsten Attraktionen der Kirche und zeigt Jesus Christus als den Retter der Welt.

Spätestens seit Thailand, eigentlich aber seit dem Haagse Markt in Den Haag, freuen wir uns auch über jeden Straßenmarkt, an dem wir, geplant oder nicht, vorbei schlendern. Im Albergheria liegt der Ballarò-Markt, den wir schon von Weitem hören (und riechen) können – die lauten Rufe der Händler, die ihre Produkte preisen, mischen sich mit dem Trubel der Stadt. Als wir den Markt betreten, sind wir fast überwältigt von der bunten Auswahl an Produkten. Überall gibt es Obst, Gemüse, Fisch, Fleisch, Gewürze und Käse. Es ist ein wahrhaftiges Spektakel für die Sinne. Die Händler schreien ihre Angebote heraus und wir werden von allen Seiten angesprochen – das ist nicht in allen Fällen angenehm. Wir schlendern durch die Gassen und lassen uns ziellos treiben, sind aber eigentlich schon ein wenig zu spät dran. Wir kaufen schnell noch ein bißchen frisches Obst für die Kinder, bevor die Händler bald die Läden hochklappen werden. Einer der Gründe, warum der Ballarò-Markt so beliebt ist, ist seine historische Bedeutung. Der Markt besteht seit Jahrhunderten und war ein wichtiger Handelsplatz für die Einwohner von Palermo. Hier finden Besucher noch heute viele der traditionellen sizilianischen Produkte, die in anderen Teilen der Stadt immer seltener zu finden sind.

Nach so viel Kultur sind die Beine müde – unsere, und die der Kinder erst recht. Ian geht es noch ganz gut, dank des Stauraumes im Wohnmobil haben wir unseren Kinderwagen mitnehmen können, aber auf die Dauer wird es für ihn auch langweilig darin. Wir lassen uns also von der „Metro“, also dem Vorortzug, wieder nach Isola delle Femmine bringen, wo ich aus frischem Gemüse eine schnelle Pasta Verdura zaubere, bevor wir die müden Glieder in die Kojen ausstrecken.

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