Nach all dem Adrenalin und der Action der letzten Tage steht uns nun der Sinn nach einem Hauch Kultur. Und dafür sind wir in Chiang Mai genau am richtigen Ort – schließlich gilt die Stadt neben Bangkok als das kulturelle Herz Thailands.
Unser erster Weg führt uns in die kleine Siedlung Baan Kang Wat. Das charmante Künstlerdorf am Fuße des Doi Suthep beherbergt eine kreative Gemeinschaft aus lokalen Künstlern und Handwerkern. In rund zehn traditionellen Häusern werden handgefertigte Produkte wie Keramik, Textilien und Schmuck angeboten. Zudem laden gemütliche Cafés und Ateliers zum Verweilen ein – regelmäßig finden dort auch Workshops statt. Für einen schmalen Baht kann man Tonfiguren bemalen, Ledereinbände prägen oder Stoffe weben.
Nachdem wir einige Zeit durch das verwunschen wirkende „Dorf in der Stadt“ geschlendert sind, entscheidet sich Nele, an einem kleinen Kreuzstich-Schlüsselanhänger zu arbeiten. Der Standinhaber zeigt bewundernswerte Geduld, und so verbringen wir die nächsten anderthalb Stunden damit, Nele beim Ein- und Durchfädeln der verschiedenfarbigen Garne zuzusehen. Wir freuen uns über ihr Durchhaltevermögen – und darüber, dass sie am Ende genau das Ergebnis in Händen hält, das sie sich gewünscht hat.
Für den kommenden Tag haben wir – ausdrücklich auf Neles Wunsch, wie ich betonen möchte – den Besuch einer Illusionskunstausstellung geplant. Das „Art in Paradise“ ist ein 3D-Kunstmuseum, das seine Besucher in eine Welt optischer Täuschungen entführt. Über 130 interaktive Gemälde, thematisch sortiert von Unterwasserwelten über antike Tempel bis hin zu surrealen Szenarien, laden zum Fotografieren und Mitgestalten ein – so zumindest das Versprechen der Eigenwerbung.
Ein Grab-Fahrzeug bringt uns zu dem etwas außerhalb gelegenen Gebäude. Wie es sich für eine echte Kunstausstellung gehört, werden wir dort von drei elegant gekleideten jungen Damen empfangen. Zuerst werden wir gebeten, die Schuhe auszuziehen; dann wird mit unerwarteter Akribie unser Kinderwagen gereinigt. Außerdem sollen wir eine App installieren, die uns Zugang zu den interaktiven Funktionen der Ausstellung verschafft.
Hinter der ersten Ecke bin ich noch etwas zurückhaltend begeistert – europäische Landschaften in aufwendigem Stil, aber künstlerisch eher brav. Doch dieser Eindruck verflüchtigt sich rasch, als wir begreifen, wie kreativ sich die Bilder nutzen lassen: Durch geschickte Inszenierung können wir uns regelrecht in die Szenen hineinbegeben und Teil der Kunstwerke werden. Ich schätze, wir schießen an diesem Nachmittag über 150 Fotos – aus allen Themenwelten: Europa, Unterwasser, Fantasy mit Anspielungen auf „Alice im Wunderland“, bis hin zum allgegenwärtigen Dschungel.
In den interaktiven Räumen verwandelt die Augmented-Reality-App die Gemälde in kurze, zehnsekündige Videos. Dabei werden die realen Kunstwerke überlagert und animiert – mit Ausnahme der Personen, die sich an exakt markierten Punkten im Raum befinden. So wird aus einem feuerspeienden Drachen plötzlich ein animiertes Ungetüm, das eine Flammenwalze ausstößt – während Nele sich filmreif hinter einem Schild duckt.
Den Abschluss bildet das sogenannte 2D-Café: Alle Möbel sind komplett weiß gehalten, jede Kontur ist mit dicken schwarzen Linien nachgezogen. Dadurch wirkt das gesamte Interieur, als sei es gezeichnet – ein comichafter Effekt, der die Wahrnehmung spielerisch auf den Kopf stellt.
Alles in allem erleben wir einen großartigen Nachmittag voller Entdeckungen und haben viel Freude daran, die schier unendlichen Möglichkeiten dieser Ausstellung auszuloten.
Nach Tagen italienischer Küche finden wir am Abend endlich auch den Nachtmarkt, der sich ganz in der Nähe unseres Apartments befindet – perfekt, um uns wieder standesgemäß zu verköstigen. Besonders hier im Norden Thailands gibt es viel zu probieren: Khao Soi etwa, eine würzige Curry-Nudelsuppe mit Hühnchen, ist eine der regionalen Spezialitäten. Und als wäre das nicht genug, finden auf dem Markt jeden Abend auch Musik- und Tanzdarbietungen statt – ganz im Stil des traditionellen thailändischen Tanzes. Genau der richtige Ort, um sich rundum wohlzufühlen.
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