Ho, Ho, Ho-Chi-Minh!

Nach den Erlebnissen im Bako-Nationalpark kann Kuching nun nichts mehr nachlegen, ohne, dass das nun despektierlich gemeint wäre. Borneo hätte natürlich noch unendlich viel mehr zu bieten, aber – wie schon an anderer Stelle geschrieben – wir müssen uns eben entscheiden. In Kuching haben wir uns jedoch alle sehr wohl und willkommen gefühlt, und wir können uns gut vorstellen, eines Tages für einen längeren Aufenthalt nach Borneo zurückzukehren. Vielleicht gelingt es mir dann auch, das nachzuholen, was diesmal organisatorisch nicht möglich war: Etwas weiter südlich, im indonesischen Teil Borneos, liegt die Stadt Pontianak. Sie bietet kaum touristische Sehenswürdigkeiten – bis auf eine: Sie liegt exakt auf dem Äquator und erlaubt somit eine der erstaunlich wenigen Gelegenheiten in Asien, mit einem Bein auf der Nord-, mit dem anderen auf der Südhalbkugel zu stehen. Leider trennen die beiden Städte rund 200 Kilometer Luftlinie – was auf Borneo etwa sieben Stunden Autofahrt pro Strecke bedeutet. Der Rest der Familie ließ sich jedoch nur schwer davon überzeugen, 14 Stunden im Auto zu sitzen, nur um sich für ein Erinnerungsfoto auf eine imaginäre Linie zu stellen…

Also gehen wir lieber noch ein wenig bummeln und geocachen, bevor wir Kuching am nächsten Vormittag verlassen. Am Flughafen mache ich dann eine interessante Beobachtung: Obwohl wir uns ausschließlich im malaysischen Teil Borneos aufgehalten haben und unser Umsteigeflughafen Kuala Lumpur ebenfalls in Malaysia liegt, müssen wir – wie schon bei der Einreise – erneut Einreiseformalitäten durchlaufen. Warum das so ist, bleibt uns unklar. Am Gate stehen dann noch einmal Beamte, die alle Passagiere einer zusätzlichen Kontrolle unterziehen. Dabei fällt mir etwas auf, das ich auch schon anderswo erlebt habe: Sobald ein Grenzbeamter den Bundesadler auf unserem Reisepass sieht, verliert er jedes Interesse (Spoiler: Das sollte sich später noch ändern) – und wir werden wortlos durchgewinkt. In vielen Ländern bekommen wir fast automatisch den Einreisestempel, ohne uns mit Visa oder bürokratischem Aufwand herumschlagen zu müssen – abgesehen von gelegentlichen digitalen Einreisekarten. So einfaches Reisen – das wünschen sich viele andere Menschen dieser Welt.

Der Zwischenstopp in Kuala Lumpur verläuft ereignislos, und schließlich verlassen wir endgültig malaysischen Boden. Unser nächstes Ziel: Ho-Chi-Minh-Stadt – oder Saigon, wie es die Einheimischen immer noch liebevoll nennen.

Bei der Einreise muss ich meine „Durchwink“-Theorie allerdings etwas revidieren – was wohl an der bislang miesgelauntesten Zollbeamtin unserer gesamten Reise liegt. Noch nie, selbst in Kambodscha, sind wir so barsch herumkommandiert worden. „Only two people!“, „Wait behind the line! BEHIND THE LINE!“, bellt uns die Uniformierte entgegen. Wir schütteln den Kopf – diese Frau ist tatsächlich unser erster Eindruck von Vietnam!

Auch auf den Straßen geht es spannend weiter: Der Verkehr toppt alles, was wir aus anderen Städten und Ländern kennen. Schnell erkennen wir ein System: Jeder, der in den nächsten fünf Sekunden einem anderen Verkehrsteilnehmer – egal ob Auto oder Motorroller – begegnet, hupt einmal kurz, um anzukündigen, dass er die Vorfahrt beansprucht. Und wer zuerst hupt, hat eben Vorrang. Das führt auf vierspurigen Straßen dann schnell zu einem für außenstehende schwer zu durchdringenden chaotischen Konzert…

Im Dunkeln beziehen wir schließlich unsere Unterkunft. Da wir eine ganze Woche in Saigon bleiben wollen, haben wir diesmal kein Hotel, sondern eine Ferienwohnung gewählt. Unser Apartment liegt im sechsten Stock eines 2018 fertiggestellten Wohnkomplexes mit insgesamt 18 Hochhäusern, die bis zu 50 Stockwerke hoch sind. Überragt wird das Ganze vom „Landmark 81“, dem höchsten Gebäude Vietnams mit – wie der Name vermuten lässt – 81 Etagen. Insgesamt wurden in diesem Viertel rund 10.000 Wohneinheiten gebaut – und wir bewohnen nun eine dieser kleinen „Waben“ im gigantischen Bienenstock. Die Anlage bietet eine überraschend hohe Wohn- und Lebensqualität: Zwischen den Hochhäusern gibt es Pools, Spielplätze und einen großen Park direkt am Saigon River. Wer hier wohnt, gehört zweifellos zur städtischen Oberschicht – zumindest relativ zum Rest des Landes.

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